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5.2 hrs on record
Menschliche Abgründe in hübscher Verpackung

Nachdem mich schon das erste Werk des Entwicklers LKA, The Town of Light, überzeugt hatte (hier geht es zu meiner Review) war klar, dass ich auch Martha Is Dead spielen wollte. Das 2022 erschienene Spiel weist in positiver wie negativer Hinsicht Parallelen mit dem Erstling auf und ist ein spannender, wenn auch schwer verdaulicher Trip.

Handlung & Gameplay
Wie sein Vorgänger ist auch Martha Is Dead in Italien angesiedelt und spielt im Jahr 1944, der Zweite Weltkrieg befindet sich spürbar in der Endphase. Wir schlüpfen in die Rolle der jungen Frau Giulia, die mit ihren Eltern sowie ihrer taubstummen Zwillingsschwester Martha ein idyllisches Häuschen nahe einem Wald bewohnt. Schnell erfahren wir, dass Giulia sich gerne der Fotografie widmet und ebenso schnell machen wir dabei eine grausamen Fund: an einem See entdeckt Giulia den Leichnam ihrer Zwillingsschwester. Warum Martha gestorben ist, verrate ich an dieser Stelle selbstverständlich nicht. Es sei nur so viel gesagt, dass dies der Startschuss für eine etwa 5 – 6 Stunden lange Geschichte voller Wendungen und Überraschungen ist und es dabei auch um viel mehr als den mysteriösen Tod geht. Die dunkle Reise durch Giulias Psyche streift bspw. auch die schwierige Beziehung zu ihren Eltern und schon bald fällt es schwer zu unterscheiden, was eigentlich real ist und was nicht.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3621602568

Die Grundprämisse des Spiels ist damit schon ziemlich düster, aber das Entwicklerteam schafft es tatsächlich, im Spielverlauf immer noch einen draufzusetzen. Die Triggerwarnungen zu Beginn sollten unbedingt beachtet werden, denn bis zum Abspann entfaltet sich ein Strudel voller psychischer und physischer Gewalt, Widerwärtigkeiten und Schicksalsschlägen. Viele dieser Szenen sind dazu interaktiv gestaltet und müssen mit entsprechenden Mausgesten vollzogen werden. Dies ist zwar immer sinnvoll in die Handlung eingebettet, stellenweise aber schon schwer erträglich.

Bei Martha Is Dead handelt es sich um einen Walking Simulator, d. h. wir laufen durch die Areale und folgen den recht gradlinigen Aufgaben. Zum Glück ist das nicht allzu eintönig geraten, manchmal gilt es Dokumente und Schlüssel zu finden, es gibt aber auch Sequenzen auf einem Boot und einem Fahrrad, wir durchstreifen dunkle Waldstücke und spielen optionale Nebenmissionen, in denen wir etwa ein Morsegerät bedienen. Das Highlight ist aber die Kamera, die Giulia stets mit sich trägt und die jederzeit bedient werden kann bzw. teilweise auch muss, um in der Geschichte voranzukommen. Im Verlauf finden wir dafür Zubehör wie einen Blitz oder verschiedene Farbfilter, müssen Brennweite und Belichtungszeit einstellen und die Fotos schließlich auch (in einem vereinfachten Prozess) entwickeln.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3621603422

Über die Atmosphäre kann ich eigentlich nur Gutes sagen. Die Umgebung ist hübsch anzuschauen, das Haus etwa ist liebevoll eingerichtet, Tagebücher und Zeitungen sowie wiederkehrende Radionachrichten und Funksprüche vermitteln ein beengendes Gefühl des Krieges. Leider hat Martha Is Dead immer wieder Schwierigkeiten den Spannungsbogen aufrecht zu halten, denn manche Passagen ziehen sich, auch bedingt durch die langsame Laufgeschwindigkeit der Protagonistin, doch etwas. Auch manche Wendung wirkt etwas konstruiert und das offene und vielfältig interpretierbare Ende dürfte nicht jedem zusagen, mich hat es auf jeden Fall noch etwas beschäftigt.

Grafik, Sound & Technik
Martha Is Dead nutzt die Unreal Engine 4 und sieht durch tolle Licht- und Schatteneffekte, feine Gesichtszüge und sanfte Animationen wirklich gut aus. Der Soundtrack umfasst passende, zeitgenössische Tracks, darunter auch Bella Ciao!, und hat mir ausgesprochen gut gefallen. Die dichteste Atmosphäre erhält man, wenn man die standardmäßig eingestellte italienische Sprachfassung nutzt, aber auch die deutsche Synchronisierung kann sich hören lassen, zudem kann die Sprache der Dialoge und Untertitel frei kombiniert werden.

Bleibt der Blick auf die Technik und hier muss ich leider noch ein paar Kritikpunkte loswerden, denn auch fast vier Jahre nach dem Release kämpft Martha Is Dead mit Problemen. Während meines Durchgangs (der etwa 7 Stunden gedauert haben dürfte, die Spielzeit wurde - warum auch immer - nicht vollständig erfasst) stürzte das Spiel insgesamt 4 mal ab. Immerhin wird der Spielstand regelmäßig automatisch gesichert und man kann auch jederzeit manuell abspeichern. Dazu kommen ausbleibende Dialogzeilen, schwebende Objekte, unerklärliche Framedrops und flackernde Texturen. Nichts davon ist ein Gamebreaker, die eigentlich gute Immersion wird dadurch aber regelmäßig gestört.

Fazit
Es fällt mir trotz aller positiven Eindrücke sehr schwer, eine generelle Empfehlung für Martha Is Dead auszusprechen, denn das Spiel dürfte sehr von subjektiven Eindrücken abhängig sein. Man kann – wie ich – die langsame, wendungsreiche und bisweilen unappetitliche Erzählung über Giulias Psyche mögen. Und sich dabei über die hübsche Spielwelt und das innovative Fotografie-System freuen, während die behäbige Laufgeschwindigkeit, zwischenzeitliche Längen und die technischen Schnitzer stören. Dennoch dürften das gradlinige Gameplay und besonders die expliziten Darstellungen nicht jedem gefallen. Wer dem Genre generell etwas abgewinnen kann und eine Grenzerfahrung sucht, der dürfte mit Martha Is Dead unterhaltsame Stunden haben, ansonsten empfiehlt sich vermutlich erstmal ein Blick in ein Let’s Play.

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Posted December 14.
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3.0 hrs on record
Horror-Fast-Food

In den vergangenen Jahren buhlten einige Indie-Vertreter aus dem Horror-Genre um die Gunst des geneigten Publikums. Locked in my Darkness ist ein weiterer Kandidat aus dem Jahr 2022, der mit „psychologischen Terror“ überzeugen will. Kann das gelingen?

Handlung & Gameplay
Aus unbekannten Gründen startet unser namens-, gesichts-, und stimmloser Protagonist in einer dunklen Gasse. Fortan laufen wir, ohne konkrete Zielvorgaben, durch die Gegend und versuchen herauszufinden, was Realität ist und was nicht und wie wir in diese eigenartige Lage gekommen sind.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3617930109

Bei Locked in my Darkness handelt es sich um einen Walking-Simulator, d. h. wir laufen durch die Gegend, sammeln Schlüssel und Zugangskarten und lösen kleinere Rätsel. Dazu gibt es noch einige Notizzettel zu sammeln, die etwas mehr Licht ins Dunkle bringen. Dank des überschaubaren Areals geht das trotz fehlender Anweisungen recht simpel von der Hand und nach ca. 1 Stunde dürfte man den Abspann sehen. Die kurze Spieldauer ist dabei durchaus einkalkuliert, denn es gibt keine Speicherpunkte, sodass Locked in my Darknessin einem Rutsch durchgespielt werden muss. Ich finde dieses Prinzip nicht grundsätzlich verkehrt, in diesem Fall liefert es in meinen Augen allerdings keinen wirklichen Mehrwert.

Dann ist da noch die Sache mit dem Horror. Am Anfang baut Locked in my Darkness wirklich eine unbehagliche Stimmung auf und zumindest ein Jump Scare hat mich wirklich erschrocken. Gerade im letzten Drittel bietet das Spiel allerdings nichts wirklich Neues mehr, rote Lichter und enge Gänge mit blutigen Nachrichten an den Wänden hat man leider oft gesehen. Schon die Store-Page verrät zudem, dass es keine Gefahren oder Bildschirmtode gibt, was dem ruhigen Aufbau einerseits gut tut, dem Horror andererseits aber auch die meiste Angst nimmt. Die Auflösung der Geschichte ließ mich leider ebenfalls recht enttäuscht zurück.

Grafik, Sound & Technik
Solange man sich in den Außenbereichen bewegt, sieht Locked in my Darkness wirklich hübsch aus, die Gassen sind durchzogen von Nebel sowie dezenten Lichtern. Das trägt viel zur Atmosphäre bei, auch wenn es stellenweise schon fast zu dunkel ist. Die Innenräume hingegen wirken etwas lieblos und über die Gänge zum Ende habe ich mich bereits oben ausgelassen. Nichts negatives kann ich hingegen über die Soundkulisse äußern, die bedrohlich im Hintergrund hämmert und mit passenden Effekten unterstützt.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3617930271

Auch technisch ist mir nichts negatives aufgefallen, es kam in meinem Spieldurchgang zu keinen Bugs oder Abstürzen. Dazu gibt es (recht einfach erreichbare) Achievements und Sammelkarten.

Fazit
Es tut mir schon etwas weh, das erste Projekt eines Entwicklers negativ zu bewerten, aber Locked in my Darkness hat mich unter dem Strich leider nicht überzeugt. Dabei beginnt es vielversprechend, flacht aber zum Ende der kurzen Spielzeit spürbar ab und lässt neben dem unbehaglichen Audio-Erlebnis auch einiges an Horrorpotenzial liegen. Oder um den Bogen zur Überschrift zu schlagen: Locked in my Darkness ist mit Fast Food vergleichbar. Man kann es sich mal gönnen, es macht auch satt, so richtig glücklich ist man nach dem Konsum allerdings auch nicht.

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Posted December 12.
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3.3 hrs on record
Eine Reise durch Kunst und Multiversen

Es gibt einige Spiele, die aus meiner Sicht völlig unverständlich unter dem Radar geblieben sind. Auch auf The Multi-Medium trifft das, trotz einer einzigartigen und atemberaubenden Visualisierung mit zugänglichen Gameplay und einer Menge Spaß, in meinen Augen leider zu. Warum das wirklich bedauerlich ist, soll in den folgenden Zeilen geklärt werden.

Handlung & Gameplay
In The Multi-Medium spielen wir einen namen- und gesichtslosen Entdecker, der sich auf eine große Reise begibt. Zwar bleiben die Rahmenbedingung nebulös, klar wird jedoch, dass sich unser Protagonist freiwillig und voller Vorfreude auf die Expedition eines Paralleluniversums begibt. Doch es kommt, wie es kommen muss: bei der Reise treten technische Störungen auf und fortan bewegen wir uns durch verschiedene Multiversen, stets mit dem Ziel eine Energiequelle zu finden, um unseren Anzug aufzuladen und nach Hause zurückzukehren. Ob das gelingt, wird sich in 2 – 3 Spielstunden entscheiden, in denen es einiges zu lachen, aber auch zum nachdenken gibt.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3617270157

Ich hatte bereits eingangs erwähnt, dass das Spiel wirklich großartig aussieht. Im Gegensatz zu vielen anderen Produkten, die zwar visuell beeindruckend sind, sich darauf aber auch ausruhen, besinnt sich The Multi-Medium auf simple Grundtugenden, die dem Spiel sehr gut tun. Im Prinzip gilt es in jedem der 10 Level von Eingang zum Ausgang zu gelangen und auf diesem Weg diverse Rätsel zu lösen und Endgegner zu besiegen. Dass das bis zum Ende nicht langweilig wird, liegt daran, dass sich jeder Level einer anderen Kunstform, etwa Acryl, Wasserfarben oder Strichzeichnungen, widmet und dies auch Auswirkungen auf das Gameplay hat. Neben wiederkehrenden Plattformer-Sequenzen und umlegbaren Hebeln, führt jedes Level (temporär) ein neues Element ein, sodass wir u. a. auf Tieren reiten können, mit Licht und Schatten spielen oder uns über Portale fortbewegen. Dazu treffen wir auf einige, mitunter sehr skurrile, Charaktere, für die wir kleine Aufgaben erledigen müssen. Dadurch gerät The Multi-Medium sehr abwechslungsreich und kurzweilig. In jedem Level sind zudem Sammelgegenstände versteckt, die man optional für einen 100 %-Run finden kann.

Grafik, Sound & Technik
Um es direkt vorwegzunehmen: The Multi-Medium ist ein audiovisuelles Highlight! Die 10 Level unterscheiden sich nämlich nicht nur durch ihr Gameplay, sondern auch durch ihre gesamte Präsentation und so gibt es in regelmäßigen Abständen immer wieder etwas Neues zu sehen. Die einzelnen Kunstrichtungen sind liebevoll sowie detailverliebt umgesetzt und die genutzten Farbpaletten geben die jeweilige Stimmung sehr gut wieder. Ebenso viel Detailliebe gibt es auf die Ohren, denn auch der Soundtrack passt sich den Levels an und reagiert in diesen bspw. auch auf unsere Schritte oder den Wechsel von der Meerestiefe an die Wasseroberfläche. Wirklich großartig!

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3617270462

Bei meinem Durchgang kam es zu keinen Bugs oder Abstürzen. Lediglich die Steuerung mit der Tastatur reagierte für mein Empfinden manchmal etwas verzögert, sodass manch ein Sprung ungeplant sein Ziel verfehlte. Dankenswerterweise wird das Spiel in kurzen Abständen automatisch gespeichert, sodass auch ein Bildschirmtod keinen Frust auslöst.

Fazit
The Multi-Medium hat mir drei sehr unterhaltsame Stunden beschert. Die größte Stärke des Spiels liegt wohl darin, das es die grandiose Präsentation mit einem simplen, aber intuitiven und spaßigen Gameplay sowie einer passenden Geschichte verknüpft. Wer sich auch nur im Ansatz im Genre wohlfühlt oder ein beeindruckendes Erlebnis für Augen und Ohren sucht, dem kann ich The Multi-Medium nur ans Herz legen.

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Posted December 4.
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1.3 hrs on record
Es fährt ein Zug nach (n)irgendwo…

Im November 2023 schickte The Exit 8 das geneigte Publikum erstmals durch einen schier endlosen U-Bahnhof mit allerlei Anomalien. Knapp ein halbes Jahr später erschien aus der gleichen Schmiede mit Platform 8 eine Art Prequel, das mit veränderter Spielmechanik, aber nicht minder bizarren Ideen daherkommt…

Handlung & Gameplay
Auf eine richtige Handlung darf man auch bei Platform 8 nicht hoffen. Jeder Spieldurchgang startet in einem U-Bahn-Waggon, in dem sich außer einer Menge Werbung nur ein altbekannter Mann befindet. Unser Ziel ist es nun, zum achten und letzten Waggon zu gelangen und den Zug zu verlassen. Das ist allerdings nicht ganz einfach, denn zwischen uns und dem Endbahnhof befinden sich einige merkwürdige Dinge.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3616844324

Während es in The Exit 8 darum ging, Anomalien zu erkennen und entsprechend vor- oder rückwärts zu laufen, geht es in Platform 8 stets geradeaus. Das ist nicht die einzige Änderung, denn die Anomalien müssen diesmal nicht nur erkannt werden. Oft, so verraten es die Anzeigeschilder im Zug, muss ihnen mit einer Form der Interaktion begegnet werden, sei es sie zu umgehen, anzuschauen oder im richtigen Moment stehenzubleiben. Die Anomalien zu registrieren, ist dabei einfacher als im Vorgänger, denn sie sind weniger subtil und es wird auch mehr mit Jump-Scares gearbeitet. Ob man das mag, ist natürlich Geschmackssache, im Vergleich empfand ich The Exit 8 aber als deutlich unbehaglicher.

Grafik, Sound & Technik
Im Prinzip gilt für Platform 8 das Gleiche wie für The Exit 8: es ist kein optisches Highlight, visualisiert die Anomalien aber durchaus ansprechend. Der Sound ist minimalistisch und passend, Bugs oder andere technische Fehler traten bei mir nicht auf.

Fazit
Wer diese Art von Anomalie-Spielen mag, wird auch mit Platform 8 seine Freude haben, denn es ist ein kurzer, schnörkelloser Genre-Vertreter, der nichts falsch macht. Wer etwas subtileren Grusel schätzt, sollte evtl. mit The Exit 8 beginnen, wer hingegen plakativeren Grusel bevorzugt, dürfte The Exit 8 mehr abgewinnen können. Mir hat es jedenfalls gut eine Stunde Unterhaltung geboten, für die der kleine Preis absolut fair ist.

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Posted December 3.
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10.9 hrs on record
Alte Schule in modernem Gewand

Ewiger Junggeselle ohne Erfolg in der Liebe, völlig außer Form und eine Kultfigur des Adventure-Genres: das ist Larry Laffer! Seit 1987 wird seine Geschichte in der Leisure Suit Larry-Reihe erzählt und diese hat bewegte Zeiten hinter sich. Nach den Anfängen als wegweisendes Text- bzw. Point & Click-Adventure betrat in den 2000ern, synchronisiert von Oliver Pocher, sein Neffe Larry Lovage die dreidimensionale Welt und das Franchise wuchs um einige mittelmäßige Minispiel-Sammlungen an. Doch im Jahr 2018 gab es den fälligen Reset und Laffer kehrte in Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry zurück auf die Bühne des 21. Jahrhunderts, in dem er durch eine mysteriöse Zeitreise gelandet ist…

Handlung & Gameplay
Schnell wird Larry klar: die Welt hat sich seit den 1980ern rasant weiterentwickelt. Polyesteranzüge sind endgültig out, Selbstverwirklichung das Nonplusultra und die Digitalisierung hat an den Grundfesten unserer Zivilisation gerüttelt. Larry findet also eine ganze Menge neuer Gegebenheiten vor, u. a. die Tatsache, dass ohne Technik nicht mehr viel geht. Denn der Tech-Konzern Prune hat u. a. das PiPhone sowie die Dating-App Timber entwickelt und Konversationen über InstaCrap sind quasi unausweichlich. Willkommen in der neuen Welt!

Es hat sich aber auch nicht alles verändert. Wieder startet die Reise im Lefty's und auch das eigentliche Spielprinzip wirkt vertraut. Larry versucht mit einer ganzen Reihe von Frauen (und Männern?) anzubändeln, doch seine größte Aufmerksamkeit gehört Faith, ihres Zeichens Assistentin des Prune-CEO. Auf dem Weg zu diesem Ziel lösen wir unzählige Aufgaben, helfen unseren Mitmenschen und gehen natürlich auf Dates, denn nur mit der notwendigen Anzahl von Timber-Punkten wird Faith mit uns ausgehen.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3610522013

Es ist dabei glücklicherweise deutlich einfacher, sich im Spiel, als in dieser neuen Welt zurechtzufinden, denn Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry ist ein klassisches Point & Click-Adventure. Wahlweise mit Maus & Tastatur oder Controller bewegen wir Larry durch die Szenerie, sammeln Gegenstände (die genutzt oder im Inventar kombiniert werden können) und führen Dialoge. Das ist alles intuitiv umgesetzt und geht gut von der Hand, etwas schade ist jedoch, dass die gewählten Dialoge keinen (spürbaren) Einfluss auf die Handlung haben. Dafür ist der Schwierigkeitsgrad moderat, die meisten Rätsel sind logisch und sollten mit etwas Nachdenken gelöst werden können, auch ein Bildschirmtod hat keine Konsequenzen. Genre-Experten könnte das Spiel damit schon zu leicht sein. Leider gibt es in-game keine Notizen oder ein Tagebuch, sodass ich manchmal den Überblick über die offenen Aufgaben verloren habe.

Trotz der bekannten Thematik, Figuren und Spielmechanik fühlt sich Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry zeitgemäß an und macht eine Menge Spaß! Das liegt zum einen daran, dass Larry nicht seiner Stärken beraubt wurde. Er ist immer noch ein liebenswerter Verlierer, seine Flirtversuche wirken unbeholfen, die Überforderung mit all den Neuigkeiten führt zu vielen lustigen Kommentaren und das Gameplay besinnt sich auf die Grundtugenden. Die Sprüche gehen gewohnt tief unter die Gürtellinie, viele Witze sind stumpf und an Schlüpfrigkeiten wird nicht gespart, auch wenn es nie explizit wird. Das Retro-Feeling wird durch einige Selbstreferenzen und kurzen Anlehnungen an die 16-Bit-Zeiten abgerundet.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3610521285

Gleichzeitig hat es das Entwickler-Team geschafft, die modernen Elemente sinnvoll einzuflechten. Das beginnt mit der Implementierung des technischen Fortschritts, neben der Dating-App Timber stehen uns auch der Schnellreise-Dienst Unter sowie der virtuelle AI-Sidekick Pi zur Verfügung. Und es endet mit der Thematisierung zeitgenössischer Diskurse wie der Abhängigkeit vom Silicon Valley, LGBTQ+-Thematiken oder Kritik am Patriarchat. An diesen Stellen wird Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry teilweise unerwartet tiefgründig und, allen Klischees und Stereotypen zum Trotz, hatte ich nie das Gefühl, dass das Spiel Witze zum Selbstzweck macht. Ein Spagat, den wahrlich nicht jedes Medium schafft.

Grafik, Sound & Technik
Nach den Ausflügen in die 3D-Welt kehrt Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry auch optisch zum Genre-Standard zurück und präsentiert sich in einer handgezeichneten Comic-Optik. Die Orte und Charaktere geizen nicht mit Details, sind nett animiert und farbenfroh dargestellt, sodass sich das Auge nicht langweilt. Zudem kommt das Spiel mit einer gelungenen deutschen Vertonung, allerdings gibt es zwischen den gesprochenen und geschriebenen Dialogen öfter kleine Abweichungen. Die Hintergrundmusik ist unauffällig und passend, auch wenn der originale Theme Song leider fehlt.

Technisch habe ich nicht viel zu bemängeln, zweimal fror das Spiel allerdings komplett ein und musste zwangsbeendet werden. Leider gibt es keine automatischen Speicherpunkte oder zumindest eine Schnellspeicherfunktion, man sollte also daran denken, in regelmäßigen Abständen manuell auf einem der zwölf verfügbaren Plätze abzuspeichern.

Fazit
Hut ab, dass es dem Entwickler-Team gelungen ist, die charmanten Eigenheiten und den Humor der Leisure Suit Larry-Reihe scheinbar mühelos in das 21. Jahrhundert zu transferieren und an den Zeitgeist anzupassen, ohne verstaubt oder unangenehm zu wirken. Die etwa 10 Stunden lange Geschichte überzeugt mit logischen Rätseln, witzigen Dialogen, einer hübschen Optik und hat mich durchgehend wirklich gut unterhalten. Ganz entgegen des Zeitgeistes kommt das Spiel zudem ohne DLCs oder Mikrotransaktionen aus, auch das ist angenehm! Wer die Reihe noch aus alten Tagen kennt oder die ersten Gehversuche im Point & Click-Genre gehen möchte und dem schlüpfrigen Humor etwas abgewinnen kann, der macht mit Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don’t Dry in meinen Augen nichts falsch.

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Posted November 22.
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3.6 hrs on record
Bugs auf dem (Koop)-Schlachtfeld

In den heutigen Zeiten muten Splitscreen und lokaler Koop beinahe antik an; nachdem meine Freundin und ich in diesem Jahr Diablo III auf der Playstation 3 im lokalen Koop durchspielten, dauerte die Suche nach einem vergleichbaren Titel auf dem PC nämlich doch etwas länger. Aber wir wurden fündig, denn Warhammer: Chaosbane verspricht „das erste Hack and Slash“ im Warhammer-Universum mit lokalen Mehrspielermodus. Die anfängliche Freude verflog jedoch schnell, aber der Reihe nach…

Disclaimer: ich bewerte hier ausschließlich meine Erfahrungen in jenem lokalen Mehrspielermodus, den Singleplayer habe ich nicht ausprobiert.

Handlung & Gameplay
Warhammer: Chaosbane beginnt grundsätzlich vielversprechend. Mittels gezeichneter Zwischensequenzen wird die knappe Hintergrundgeschichte erläutert: das Chaos hat sich unter der Herrschaft von Asavar Kul vereinigt und führt Krieg gegen die Menschheit. In diesem Zuge wurde Imperator Magnus verflucht und steht nun kurz vor dem Tod, den es natürlich zu verhindern gilt. Die Story ist eine nette Rechtfertigung für das folgende Gemetzel, preisverdächtig ist sie allerdings nicht.

Zu Beginn stehen vier Charakterklassen (Soldat, Magier, Zwerg, Späher) zur Auswahl, die sich in ihren Werten und Fähigkeiten aber auch im Gameplay spürbar unterscheiden. Mit unserem Charakter gilt es nun, verschiedene Aufträge auszuführen und das Imperium der Menschheit zu retten. Hierbei gibt es allerdings keine frei wählbaren Questes, sondern die Missionen werden linear abgearbeitet.

Die gespielten Aufträge verliefen dabei ähnlich. Meist gilt es, dem Anfangsdialog zu lauschen, von Punkt A zu Punkt B zu laufen, alle Gegner zu töten und zu Punkt A zurückzukehren. Und hier offenbart sich bereits der erste Schwachpunkt von Warhammer: Chaosbane: es gibt relativ wenig Abwechslung. Die Szenerien sind hübsch gestaltet, wiederholen sich aber schnell. Gleiches gilt für die Feinde. Und auch das Spielprinzip ist schnell erklärt: es gibt zwar mehrere Angriffe, etwa kurze und schnelle Schläge, geworfene Pfeile und eine Spezialattacke pro Charakterklasse, doch meist ist das alles gar nicht notwendig, da man, zumindest auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad, mit reinem Button-Gesmashe recht gut durchkommt.

Ein wenig Loot gibt es auch, in zerschlagenen Vasen lässt sich Gold finden, in Truhen Verbesserungsgegenstände. Und das ist der Punkt, an dem Warhammer: Chaosbane dann doch etwas Tiefe gewinnt. Durch die relativ zügigen Stufenaufstiege gibt es immer wieder neue Gegenstände, darunter auch viele rein optische Anpassungen. Außerdem erhält man Fähigkeitspunkte zum Leveln, die aber durchaus wohlüberlegt eingesetzt werden sollten, denn jede Aufwertung eines Skills verbraucht viele dieser Punkte, sodass wir uns etwas „künstlich ausgebremst“ fühlten. Unter dem Strich gibt es also etwas Spielspaß, stundenlang fesseln kann das Spiel allerdings nicht.

Grafik, Sound & Technik
Auch wenn man kein Grafikwunder erwarten sollte, ist Warhammer: Chaosbane hübsch anzusehen und obwohl die meisten Gebiete menschenleer wirken, kommt schon so etwas wie Atmosphäre auf. Die Musik hält sich sehr dezent im Hintergrund, die deutsche Synchronisation kann man anhören, auch wenn mein Charakter seine Sprüche in den Kämpfen oft ohne Atempause zum Besten gegeben hat.

Bleibt die Technik. Und hier kommt nun auch der Grund, warum ich das Spiel, zumindest für den lokalen Koop, nicht empfehle. Über das gleichförmige Gameplay, das simple Kampfsystem und die mäßige Geschichte hätten wir hinwegsehen können, da Warhammer: Chaosbane ein kurzweiliges Vergnügen versprach. Allerdings gibt es leider einen wiederkehrenden Bug, der letztlich dazu führte, dass wir das Spiel aufgaben: Immer wieder bewegten sich Gegner in der Luft. Sie waren zwar als Feinde markiert und spulten ihre Attacken ab, trafen aber nicht und konnten auch nicht getroffen werden. An den meisten Stellen sorgte das lediglich für Chaos auf dem Bildschirm, auch das hätten wir noch zähneknirschend hingenommen. Aber leider betraf das Problem auch den ersten Boss-Gegner, der sich kurz vor Schluss in die Luft begab und nicht mehr getroffen werden konnte. Nach all den vorigen Problemen war dies leider der Sargnagel und frustriert beendeten wir unsere Warhammer-Reise. Einigen Reddit-Posts zufolge scheint das Problem häufiger und plattformübergreifend aufzutreten und sechs Jahre nach Release ist mit keinem Fix mehr zu rechnen. Andere Bugs, etwa dass unsere Controller immer erst beim zweiten Spielstart erkannt wurde oder die Spielfiguren gern mal bis zum Neustart in der Szenerie festhängen, sind da schon fast eine Randnotiz.

Fazit
Warhammer: Chaosbane war für uns im lokalen Koop leider eine ziemliche Enttäuschung. Es bringt einige gute Ideen und vielversprechende Ansätze mit, bleibt letztendlich aber leider doch halbherzig und monoton. Trotz aller genannten Schwächen hatten wir dennoch Spaß mit dem hirnlosen Gemetzel, bis eben der erwähnte Bug jegliche Motivation zerstörte, sich weiter durchzukämpfen. Das ist umso ärgerlicher, da der lokale Koop kein Extra ist, sondern aktiv beworben wird und das Spiel außerhalb von Sales noch immer stolze 30 Euro kostet. Wer mit den genannten Schwächen leben kann, könnte im Singleplayer möglicherweise auf seine Kosten kommen, wer das Spiel aber bewusst für den lokalen Koop erwerben möchte, dem kann ich leider nur abraten.

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Posted November 12.
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1.6 hrs on record
You Spin Me Round
Es gibt Spiele, von denen erwarte ich im Vorfeld nicht sonderlich viel. Es gibt Spiele, die mich ohne Erklärung oder Anweisung ins Gameplay werfen. Spiele, die mich mit meinen Gedanken ziemlich allein lassen. Und es gibt Spiele, die genau deshalb so viel Spaß machen und mir im Gedächtnis bleiben. Auf The Exit 8 trifft alles davon zu.

Handlung & Gameplay
Sonderlich viele Worte kann ich über die Handlung gar nicht verlieren. Jeder Spieldurchgang startet in einem weißen, relativ sterilen Tunnel. Ein paar Ecken weiter offenbart sich ein langer Gang. Lichter hängen an der Decke, Plakate an der Wand und ein stummer Mann durchstreift mit seiner Aktentasche das Areal. So weit, so gewöhnlich. Doch folgen wir dem Weg, blickt man nach wenigen Schritten wieder auf die gleiche Szenerie. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Fast zumindest.

Denn der Weg aus der Tunnelschleife führt über das Erkennen von Anomalien. Bei jedem Streifzug durch den Gang stellt sich die Frage: hat sich hier etwas verändert? Falls nicht, geht es weiter vorwärts, entdecken wir jedoch eine Anomalie, geht es rückwärts weiter. Übersehen wir eine Anomalie und gehen fälschlicherweise vorwärts, beginnt das Spiel wieder bei Abschnitt 0. Solange, bis man nach dem 8. Durchgang endlich auf den rettenden Ausgang stößt.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=3600354131

Das mag erstmal unspektakulär klingen, doch The Exit 8 schafft einen guten Balance-Akt. Während manche Anomalien offensichtlich sind, muss man bei anderen schon sehr wachsam sein und sich die Szenerie gut einprägen. Aber selbst dann beginnen irgendwann die quälenden Zweifel: hatten die Türen bei jedem Durchgang einen Knauf? Hatte das Hemd des Mannes eine andere Farbe? Und habe ich am Ende des Ganges wirklich ein Klopfen gehört?

The Exit 8 verzichtet dabei auf Jump Scares und plakativen Grusel, der Horror wird deutlich subtiler vermittelt. Schon das grundlegende Szenario ist unbehaglich, die endlosen Gänge, die wiederkehrenden Abläufe und die teilweise sehr mysteriösen Anomalien tun ihr Übriges. Davon gibt es knapp 30 zu entdecken, praktischerweise wiederholen sich diese nicht, sodass man am Ende etwa 1 – 1 ½ Stunden benötigen sollte, um alles zu sehen.

Grafik, Sound & Technik
Das Spiel ist kein Grafikhighlight, sieht aber gut genug aus. Es rollt keinen Klangteppich aus, setzt aber an den richtigen Stellen audiovisuelle Nadelstiche. Und es lief technisch einwandfrei, ohne Abstürze und beide Achievements konnten problemlos erreicht werden.

Fazit
The Exit 8 ist definitiv kein gewöhnliches Spiel und wird sicherlich nicht jedem gefallen. Wer aber Fan von solchen Anomalie-Spielen ist, subtilen Psycho-Horror mag oder ganz einfach seine Aufmerksamkeit auf die Probe stellen machen, kann für den kleinen Preis nichts falsch machen.

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Posted November 5.
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2.6 hrs on record
Ein Kinetic Novel voller Abgründe

Die explizite Darstellung von Gewalt und Gore in Comics sind vermutlich ebenso alt wie das Medium selber und Veröffentlichungen wie Tales From The Crypt oder Eerie dürften die Vorbilder für Cut to the Core gewesen sein – eine liebevolle Hommage, die die gezeichneten Grausamkeiten in das digitale Zeitalter holt und dabei alles richtig macht.

Handlung

Die Handlung von Cut to the Core zu beschreiben, ohne die wichtigsten Elemente vorwegzunehmen, ist relativ schwierig, deswegen sei nur so viel verraten: im Mittelpunkt stehen Jack Weir, dessen Geschäftspartner und Künstler Daniel Gibbons sowie die Ärztin Lacey Scalia. Das Handlung beginnt mit einem Rückschlag für Jack und Daniel, denn deren Traum vom Reichtum ist gerade in weite Ferne gerückt. Dies soll jedoch schnell die geringste Sorge von Jack werden, denn ein Routinebesuch bei Lacey nimmt schnell eine ungeplante Wendung und ist Startpunkt für den Rest der morbiden, brutalen und düsteren Story.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=2848113404

Diese erstreckt sich über etwa drei Stunden und beginnt relativ gemächlich. Cut to the Core nimmt sich viel Zeit, um seine Charaktere vorzustellen und in das Szenario einzustimmen und die Gewaltspitzen sind anfangs noch wohldosiert. Spätestens ab dem letzten Drittel wird das Spiel dann aber zu einer kleinen Gewaltorgie und zeigt ohne ironische Brechung, wenn teilweise aber doch sehr übertrieben, und äußerst grafisch medizinische Eingriffe, einen Suizid, Morde an Menschen und Tieren uvm. Das ist harter Tobak und kann einem zarten Gemüt definitiv mehr als einmal auf den Magen schlagen, für Fans von abstrusen Splattercomics und -filmen ist das hingegen ein absolutes Fest.

Gameplay

Wie bereits erwähnt ist Cut to the Core ein Kinetic Novel, d. h. im Gegensatz zu einem Visual Novel gibt es hier keinerlei Entscheidungen zu treffen, die Handlung ist linear und läuft von alleine ab. Cut to the Core ist damit also eher ein digitaler Comic, was auf der Store-Seite so aber auch kommuniziert wird und deshalb niemanden überraschen sollte.

Grafik, Sound & Technik

Was wohl als erstes ins Auge fällt und auch mich von der ersten Sekunde an von Cut to the Core überzeugt hat, ist der herausragende Grafikstil, der tatsächlich an entsprechende Comicvorbilder oder Filmposter von Lucio Fulci oder Jesus Franco erinnert. Die Charaktere, Szenarien und Panels sind hübsch und detailliert gestaltet, toll koloriert, überzeugen mit schönen Schatten und wirken in sich einfach stimmig. Konsequent werden die Dialoge in Sprechblasen dargestellt, einige Geräusche werden passend visualisiert, hinterlegt wird Cut to the Core von einigen stimmungsvollen Musikstücken und passenden Soundeffekten, eine Synchronisation gibt es nicht.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=2848113875

Da der gesamte Kinetic Novel ausschließlich in Englisch vorliegt, sollten entsprechende Sprachkenntnisse vorhanden sein. Das Optionsmenü fällt erwartungsgemäß recht spartanisch aus, wobei Schriftart, Schriftgröße und die Textgeschwindigkeit individuell eingestellt werden können, Bugs kamen in meinen knapp zweieinhalb Spielstunden nicht vor.

Fazit

Cut to the Core ist definitiv nicht jedermanns Sache. Einerseits, weil es nichts zu tun gibt, außer eben einen Comic zu lesen und zum anderen natürlich aufgrund des hohen Gewaltgrads, der grafisch und schonungslos dargestellt wird. Wer sich genau dafür begeistern kann, erhält mit Cut to the Core zum kleinen Preis allerdings eine kleine, morbide Perle, die hervorragend ausschaut und das, was sie sein will, anstandslos macht. Zwei blutige Daumen hoch!

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Posted August 12, 2022.
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2.0 hrs on record
Degradiert zum Klodesigner

Nur wenige Genres brachten derart viele kuriose Vertreter auf den Markt wie die deutsche Wirtschaftssimulation, die v. a. in den 90ern und frühen 2000ern einen regelrechten Boom erlebte. In dieser Zeit erschien, ursprünglich für den Atari ST, auch der Toilet Tycoon, ebenfalls bekannt unter dem deutschen Titel Klo-Manager – wer sich schon immer den Traum vom Eigen-WC erfüllen wollte, der ist hier also genau richtig!

Gameplay

Der Name ist nämlich Programm: das Ziel des rundenbasierten Spiels ist es, die wirtschaftlich rentabelsten Toiletten der Stadt zu besitzen. Dieser Wettkampf kann gegen die, auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad richtig knackige, KI, aber auch an einem Gerät gegen bis zu drei andere Menschen stattfinden, das Spielprinzip ist dabei jedoch immer gleich. Zu Spielbeginn wird eine Parzelle in einem der vier Gebiete, Vorstadt, Bahnhof, Rotlichtviertel oder Flughafen, gewählt, was mit unterschiedlicher Nutzung und dementsprechend unterschiedlichem Pflegebedarf daherkommt. Danach werden die Kabinen zusammengesetzt, das Material des Klopapiers gewählt, der Eintrittspreis festgelegt und schon kann der Rubel rollen. Nach jeder Runde informiert eine Statistik darüber, wie gut die eigene Toilette besucht wurde und wer die Runde gewonnen hat, erhält aus der Tombola einen zufälligen Preis. Was mit dem erwirtschafteten Gewinn nun angestellt werden kann? Dazu gehört natürlich die Reinigung und Reparatur der WCs, Upgrades etwa in Form von Schüsseln aus Gold oder Smaragd, die Investition in zusätzliche Gadgets wie Seifenspender und Kondomautomaten oder die Forschung in bessere Teile. Wer auf die eigene Zugkraft nicht vertraut, kann das Geld aber auch dazu einsetzen, die Konkurrenz zu sabotieren und ihr anschließend das Gesundheitsamt auf den Hals zu hetzen.

Grafik, Sound & Technik

Die Oberfläche und Bedienung sind dabei spürbar vor 20 Jahren stehen geblieben, es gibt recht einfache Grafiken, viele Statistiken, wenige Animationen, einige passende Soundeffekte, die Steuerung geht komplett mit der Maus von der Hand. Das ist aber gar nicht schlimm, sondern trägt viel zum Charme des Spiels bei, genauso wie der stumpfe Humor. Der Klo-Manager nimmt sich kein bisschen ernst und sorgt mit seinen Texten durchaus für den einen oder anderen Lacher. Leider ist der Spielumfang relativ begrenzt und nach ein, zwei Durchläufen dürfte man nahezu alles gesehen haben. Stundenlangen Spielspaß wird man mit diesem Manager also wohl eher nicht haben, für eine kurze Runde zwischendurch langt es aber definitiv, zumal auch der Preis absolut angemessen ist.

Fazit

Der Klo-Manager hält, was er verspricht! Für knapp fünf Euro bzw. im Sale für unter zwei Euro erhält man einen Klassiker der Wirtschaftssimulationen, der auch auf neueren Systemen einwandfrei läuft und die angestaubte Optik und Oberfläche durch Humor und ein unterhaltsames Prinzip ausgleicht. Wer sich also für das Genre und/oder Retro-Spiele begeistern kann, dem kann dieser Titel nur ans Herz gelegt werden.

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Posted July 1, 2022.
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48.3 hrs on record
Ist das der amerikanische Traum?

Wenige dürften 1997 geahnt haben, dass »Grand Theft Auto« der Startschuss für eine Videospielserie ist, die eine gesamte Branche revolutionieren sollte. Von den Anfängen aus der Vogelperspektive über den Sprung in die 3D-Welt und einem Ausflug in die 80er sollte im Jahr 2004 allerspätestens GTA: San Andreas nahezu jeden Superlativ der Videospiele neu definieren und trieb die serientypischen Merkmale der spielerischen Freiheit, der popkulturellen Anspielungen und der kultverdächtigen Charaktere auf die Spitze. Mit Liberty/Vice City Stories folgten im Vorbeigehen noch zwei Kaufgründe für den Handheld von Sony, die PSP, bis 2008 der offiziell vierte Teil auf den damaligen Next-Gen-Konsolen das Licht der Welt erblickte und Rekorde brach, Spitzenwertungen kassierte und sogar vom sonst oft skeptischen Feuilleton bemerkenswerte Anerkennung fand. Mehr als vierzehn Jahre sind seitdem vergangen und auch in der Retrospektive zeigt sich, dass der Hype absolut gerechtfertigt war.

Handlung

Die Geschichte von Grand Theft Auto IV dürfte landläufig bekannt sein: Niko Bellic kommt als Immigrant aus Osteuropa in die USA, genauer nach Liberty City, weil er dem Ruf seines Cousins Roman folgte. Dessen blumigen Erzählungen von großen Häusern, schnellen Autos und hübschen Frauen stellt sich jedoch schnell als erlogen heraus, denn in Wahrheit besitzt Roman nur einen kleinen Taxiladen, ist spielsüchtig und steht bei Menschen in der Kreide, bei denen man lieber keine Schulden hat. Geprägt und abgestumpft durch seine Erfahrungen im Krieg beginnt Niko erste Jobs zu erledigen, gerät im Laufe der ca. 20 Stunden langen Kampagne aber immer tiefer in die kriminellen Strukturen der Stadt – doch am Ende sind es nicht nur das Geld und der Ruf, die zählen: Niko befindet sich auch auf einem persönlichen Rachefeldzug, denn einer der Verräter aus seinem ehemaligen Trupp soll sich in Liberty City aufhalten. Über den Verlauf von Nikos Geschichte darf an manchen Stellen entschieden werden und am Ende winken zwei verschiedene Ausgänge. Wie man es bis dahin von der GTA-Reihe gewohnt war, wird die Story spannend und mit filmreifen Zwischensequenzen erzählt und ist gespickt mit interessanten, verrückten und individuellen Charakteren und nicht zuletzt erweist sich Niko Bellic selbst als vielschichtiger Protagonist, der trotz seiner kriminellen Machenschaften immer wieder durchblitzen lässt, dass er oft auf der richtigen Seite steht.

Gameplay

Neben den tollen Geschichten und Figuren wusste die Reihe auch immer durch das Gameplay zu überzeugen und das änderte sich mit GTA IV nicht. Der Schauplatz, stark inspiriert von New York, präsentiert sich als lebendige und abwechslungsreiche Stadt: Menschen wandern durch die Straßen, telefonieren, gehen ihrem Tagesgeschäft nach, reagieren meist korrekt auf das Verhalten von Niko, das Stadtbild bietet von nebligen Hinterhöfen bis zu romantischen Sonnenuntergängen am Meer nahezu alles – das Gefühl einer „echten Stadt“ wird, besonders für damalige Verhältnisse, erstaunlich gut vermittelt. Die zahlreichen Haupt- und Nebenmissionen führen über alle drei Inseln der Stadt und decken mit Verfolgungsjagden, Diebstählen, Schutzgeldeintreibungen, Auftragsmorden, Banküberfallen und Sniper-Missionen eigentlich alles ab, was man sich als virtueller Gangster wünschen kann – dennoch fühlen sich manche Missionen etwas repetitiv an und erreichen in meinen Augen nicht das Niveau, das San Andreas noch bot. Neben all den Missionen gibt es wie gewohnt jede Menge Beiwerk und mit absurden TV-Sendungen, einem komplett virtuellen Internet, Bowling, Arcade-Maschinen, Billard, Darts oder Strip-Clubs lassen sich allein unzählige Stunden verbringen. Dass das Spiel ein Produkt seiner Zeit ist, wird an dem erhöhten Fokus auf das Handy und die sozialen Beziehungen deutlich; immer wieder klingelt das Smartphone, weil sich Nebencharaktere oder Datingpartner*Innen verabreden wollen, was sich durchaus lohnt, denn ab einem bestimmten Sympathielevel erledigen diese gerne einen Gefallen, etwa in Form von kostenlosen Taxifahrten oder Waffenlieferungen. Man kann das meiste davon zwar ignorieren, unbestreitbar ist allerdings, dass GTA IV das Lebensgefühl der späten 2000er mit dem aufkommenden Einfluss der Technik erschreckend gut einfängt. Zwei Schritte zurück ging es hingegen hinsichtlich der Individualisierung, während CJ in San Andreas noch mit allerlei Frisuren, Bärten oder Tattoos gestaltet werden konnte, kann man Niko maximal mit neuer Kleidung eindecken, was ich doch etwas schade finde.

https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=2797441858

Nach einem großen Update im Frühjahr 2020 wurden in die Steam-Version nun auch die beiden Zusatzepisoden, The Lost & Damned sowie The Ballad of Gay Tony, integriert, die mit dem harten Rockerleben von Johnny Klebitz bzw. dem Alltag des Türstehers Luis Lopez nochmal weit über ein Dutzend Stunden neuer Perspektiven auf die Stadt und Handlung bieten und nur hinsichtlich des Umfangs hinter das Hauptspiel zurückfallen.

Grafik, Sound & Technik

Waren die vorherigen GTA-Teile grafisch noch durch comichafte Überzeichnungen gekennzeichnet, wurde für GTA IV der Fokus vollends auf Realismus gelegt. Die tollen Wettereffekte, der Tag-/Nachtzyklus und detaillierten Straßenzüge lassen immer noch eine dichte Atmosphäre aufkommen, auch wenn die etwas starren Gesichtszüge und v. a. die oft übertriebenen Ragdoll-Effekte unfreiwillig komisch aussehen. Insgesamt kann sich GTA IV aber heute noch durchaus sehen lassen, auch wenn es natürlich nicht an aktuelle AAA-Titel heranreicht. Akustisch spielt der Titel durch eine fantastische Synchronisierung und abwechslungsreiche Radiostationen mit durchgeknallten Moderationen und Jingles jedoch weiterhin in der ersten Liga.

Bleibt noch der Blick auf die Technik und der ist durchaus relevant, denn der PC-Release von GTA IV war seinerzeit eine mittelschwere Katastrophe und u. a. durch Probleme mit ATI-Grafikkarten und einer abenteuerlichen DRM-Gängelung überschattet. Spätestens durch das Update im Frühjahr 2020 hat sich das größtenteils erledigt, der unsägliche Games for Windows Live-Zwang wurde entfernt und das Spiel setzt nun „nur noch“ den Rockstar Social Club voraus. Auf meinem System lief das Spiel ungemoddet und auf maximalen Einstellungen stets in flüssigen 60 FPS, ausgerechnet in der finalen Mission ist jedoch ein Bug übergeblieben, der den Abschluss unmöglich macht, in meinem Fall aber behoben werden konnte, indem dem Spiel temporär nur ein Prozessorkern zugewiesen wurde. Somit ist dieser Fehler ärgerlich, aber letztlich nicht weiter schlimm.

Fazit

»Things will be different!« - das war das Motto des allerersten Trailers zu GTA IV, gut vierzehn Jahre nach dem Release lässt sich resümieren, dass das zumindest auf einer Ebene nicht zutreffen sollte: denn GTA IV war nicht nur 2008 erwartungsgemäß ein außergewöhnlich gutes und vielbeachtetes Computerspiel, es ist auch erwartungsgemäß gut gealtert und kann heute seinen Hype und schnellen Kultstatus rechtfertigen. Angefangen von der stark erzählten Story inkl. den lebensechten Figuren über die maximale spielerische Freiheit bis hin zu dem erschreckend gut eingefangenen Zeitgeist ist Grand Theft Auto IV ein Kunstwerk, das nun auch die Technik erhalten hat, die es verdient und das ohne Wenn und Aber in jede Spielebibliothek gehört.

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Posted June 30, 2022.
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